Das Zusammenspiel von Körper & Hormonen

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Die Wechseljahre werden auch als Klimakterium bezeichnet, was aus dem Griechischen übersetzt „Stufenleiter” bedeutet. Sie beschreiben den Übergang von der fruchtbaren zur unfruchtbaren Lebensphase einer Frau. Diese schrittweise Umstellung wird durch den immer geringer werdenden Eizellenvorrat und den damit einhergehenden hormonellen Veränderungen ausgelöst. Das hat Auswirkungen auf den gesamten Körper, inklusive des neurologischen Systems. Ähnlich wie in der Pubertät verändern sich Körper und Gehirn einer Frau hierbei gänzlich und stellen sich so auf die unfruchtbare Lebensphase ein. Diese Umstellung kann grundsätzlich in jedem Alter beginnen und findet schrittweise über viele Jahre statt. Welche Hormone hierbei eine Rolle spielen und zu welchen Folgen diese in den Wechseljahren führen, erfährst du daher detailliert in dieser Lektion.
Hinweis: Die meisten Frauen erleben die Wechseljahre als einen natürlichen biologischen Übergang, doch das ist nicht bei allen der Fall. Denn sie können auch auf weniger natürliche Weise eintreten, etwa aufgrund von bestimmten Erkrankungen oder Operationen, wie der Ovariektomie (Entfernung der Eierstöcke) oder Ovariohysterektomie (Entfernung der Gebärmutter mitsamt Eierstöcken). Durch einen solchen Eingriff geraten Betroffene quasi über Nacht in die Wechseljahre, welches die körperliche Umstellung mit den einhergehenden Symptomen erheblich erschwert. Dennoch raten Ärzt:innen oft bei einer Gebärmutterentfernung dazu, auch die Eierstöcke zu entfernen – obwohl das nur in wenigen Fällen medizinisch notwendig ist. Wenn die Möglichkeit besteht, ist es ratsam, die Eierstöcke zu erhalten, um die Wechseljahre im natürlichen, schonenderen Verlauf zu erleben.

Das Zusammenspiel der Hormone im Gleichgewicht

In jedem gesunden weiblichen Körper findet täglich ein hochkomplexes Zusammenspiel aus Organen und Hormonen statt, welches sich wesentlich von männlichen unterscheidet. Das ist zum Teil natürlich nicht verwunderlich, denn mit Uterus und Eierstöcken verfügt der weibliche Körper über eigene Geschlechtsorgane und einen spezifischen Hormonhaushalt, in dem insbesondere die (Sexual-)Hormone Östrogen und Progesteron eine zentrale Rolle spielen. Doch lange blieb unbekannt, in welcher Verbindung das Gehirn mit den Eierstöcken steht und wie weitreichend die Wirkung dieser beiden Hormone im Körper tatsächlich ist.
Das Gehirn ist seit der Geburt eng mit den Eierstöcken verbunden. Diese Verbindung wird im Laufe der Pubertät aktiviert und während der Schwangerschaften stärker in Betrieb genommen. Nach jeder Geburt wird diese Verbindung teilweise eingestellt, was zum sogenannten Mommy Brain (auch bekannt unter Mom Brain, also Mama-Gehirn) führen kann – einer Phase, in der Mütter u. a. zu Vergesslichkeit, Brain Fog (Gehirnnebel) sowie Gedächtnis- und Konzentrationsschwäche neigen. Mit den Wechseljahren wird die Verbindung zwischen dem Gehirn und den Eierstöcken schließlich vollständig abgebaut. Bis dahin kommunizieren die beiden Organe über Hormone wie Östrogen, Progesteron und Testosteron, von denen besonders die ersten beiden für gesunde Gehirn- und Körperfunktionen wichtige Rollen spielen:

Östrogene

Zu den wichtigsten Vertretern des Hormons Östrogen gehören insbesondere Estradiol, Estron und Estriol. Neben ihrem Einfluss auf den Zyklus und den Eintritt bzw. den Erhalt von Schwangerschaften sind sie auch für viele andere Prozesse des Körpers erforderlich. Östrogene haben z. B. wesentliche schützende Funktion im Zusammenhang mit der Knochengesundheit, dem Gefäß- und Nierensystem, dem Fett- und Zuckerstoffwechsel sowie der Haut- und Gewebestruktur. So unterstützt Östrogen z. B. die Durchblutung, was u. a. für elastische Haut, funktionierende Schleimhäute und ausreichend Gelenkflüssigkeit zwischen den Gelenken sorgt. Gleichzeitig hat Östrogen eine entzündungshemmende Wirkung im gesamten Körper.
Nicht umsonst werden Östrogene häufig als Multitalent bezeichnet, denn auch im Gehirn ist insbesondere Estradiol unerlässlich: Es fungiert als Hauptregulator – vergleichbar mit der Direktion eines Orchesters, und sorgt für ein reibungsloses Zusammenspiel der neuronalen Prozesse. Zum Beispiel fördert Estradiol die effiziente Energiegewinnung aus Glukose, verbessert die Durchblutung sowie die Sauerstoff- und Nährstoffversorgung der Nervenzellen, steigert die Gedächtnisleistung und wirkt stimmungsaufhellend. Allgemein beeinflusst Östrogen ebenfalls die Schmerzverarbeitung im Nervensystem, schützt das Gehirn und steigert dessen Plastizität, was sich positiv auf die Resilienz auswirkt.

Progesteron

Auch Progesteron ist nicht nur für die Regulierung des Zyklus und der Fortpflanzung unterlässlich, sondern übernimmt auch eine Vielzahl weiterer Funktionen. Es bereitet die Gebärmutterschleimhaut auf die Einnistung einer befruchteten Eizelle vor und schützt Gewebe in der Brust. Darüber hinaus trägt Progesteron wesentlich zur Knochengesundheit, Haut- und Haargesundheit sowie zum allgemeinen Wohlbefinden bei. Im Gehirn hat Progesteron vor allem eine beruhigende sowie schlaffördernde Funktion – da es als natürliches Gegenstück zu Stresshormonen wirkt – und unterstützt einen effizienteren Stoffwechsel.

Testosteron

Auch wenn es häufig eher als „männliches Hormon” angesehen wird, spielt Testosteron auch im weiblichen Körper und hormonellen Zyklen eine wichtige Rolle. Beispielsweise beeinflusst Testosteron das Energielevel, die Aufmerksamkeits- sowie Konzentrationsfähigkeit und das sexuelle Verlangen. Außerdem unterstützt es die Muskelkraft sowie den Aufbau von Muskelgewebe und die Knochendichte.
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Der Verlauf der hormonellen Umstellung

Nun weißt du, wie die Hormone Östrogen, Progesteron und Testosteron während der fruchtbaren Lebensphase mit den Prozessen im Körper verbunden sind. Dieses Zusammenspiel funktioniert so lange, bis der Eizellenvorrat in den Eierstöcken fast aufgebraucht ist. Ist dieser Zeitpunkt erreicht, bleibt der Eisprung immer häufiger aus, bis die Eierstöcke ihre Funktion schließlich ganz einstellen. Sobald die Eisprünge weniger werden, produziert der Körper weniger Progesteron. Dies führt zu einem Hormonungleichgewicht: Während die Östrogene vorerst auf einem stabilen Niveau bleiben, fehlt dem Körper zunehmend das Progesteron. Im Laufe der Zeit wird der Östrogenspiegel unbeständiger, sodass der Körper unter den massiven Schwankungen des Hormonspiegels leidet (siehe Grafik). Der Körper produziert so erst variierende und letztlich immer geringere Mengen an Östrogen, bis er die Herstellung nahezu ganz einstellt. Auch der Testosteronspiegel – der wegen seiner untergeordneten Rolle in der Grafik nicht enthalten ist – sinkt während der Wechseljahre ab und kann zusätzlich zu Müdigkeit, verringerter Muskelmasse und nachlassender Libido führen.
Es dauert mehrere Jahre, bis sich alle Hormone auf einem niedrigen Niveau einpendeln und zurück in ein neues Gleichgewicht finden. Insgesamt dauern die Wechseljahre dadurch oft länger als zehn Jahre.
Diagramm des Hormonverlaufs von Östrogen und Progesteron über die gesamte Lebenszeit einer Frau hinweg. Der Östrogenverlauf wird durch eine hellfliederfarbene Linie abgebildet, der Progesteronverlauf durch eine nachtblaue Linie. Das Diagramm ist in 5 Spalte unterteilt: Kindesalter, fruchtbare Jahre, Prämenopause, Perimenopause und Postmenopause. Die senkrechte Achse stellt den Hormonspiegel dar, die waagerechte Achse das Alter. Im Kindesalter steigen beide Verlaufslinien bis zur Pubertät stark an. Ab diesem Zeitpunkt bleiben sie über die gesamten fruchtbaren Jahre auf einem hohen Niveau stabil. Mit dem Eintritt der Prämenopause sinkt die Progesteronlinie kurvenartig ab und bleibt fortan auf einem niedrigen Niveau. Die Östrogenlinie bleibt bis zum Ende der Prämenopause weiterhin auf einem konstant hohen, zickzackförmigen Niveau. Während der gesamten Perimenopause schwankt die Östrogenlinie stark wellenförmig, bis sie in der Postmenopause ein gleiches, konstant niedriges Niveau wie die Progesteronlinie erreicht hat.

Folgen der Hormonumstellung

Das hormonelle Ungleichgewicht sowie der Mangel an bestimmten Hormonen sind die Ursache für die Beschwerden, die viele Betroffene während der Wechseljahre erleben. Diese Beschwerden können körperlicher, psychischer und neurologischer Natur sein. Besonders betroffen sind die Bereiche des Körpers, in denen Östrogen und Progesteron eine Schlüsselrolle gespielt haben. Ein Beispiel dafür ist das Gehirn, in dem das Östrogen Estradiol mit den Wechseljahren seine Funktion einstellt. Da es keinen passenden Ersatz für die Rolle des Hormons in diesen Prozessen gibt, können so u. a. Neuronen (Nervenzellen zur Übertragung von Signalen) Glukose nicht mehr so effizient verbrennen. Dadurch sinkt das Energielevel im Gehirn. Zudem verändern sich u. a. die Funktionalität, Durchblutung sowie Vernetzungen des Gehirns, was bei Betroffenen häufig das unbestimmte Gefühl auslöst „nicht mehr sie selbst zu sein”. Nicht nur Brain Fog, sondern auch Depressionen, Ängstlichkeit und Stimmungsschwankungen können aus diesen Veränderungen resultieren. Durch die Hormonumstellung kommt es zusätzlich zu Umstrukturierungen im Hypothalamus, der für die Regulierung unserer Körpertemperatur verantwortlich ist. Hitzewallungen und Schweißausbrüche sind häufige Beschwerden, die hierauf folgen.
Wusstest du, dass sich viele der Symptome während einer Schwangerschaft mit denen in den Wechseljahren überschneiden? Das liegt daran, dass sich auch in der Schwangerschaft Körper und Gehirn umstellen. Der wesentliche Unterschied ist jedoch, dass Beschwerden während einer Schwangerschaft gesellschaftlich schon deutlich mehr akzeptiert werden als jene in den Wechseljahren. Wenn du vor deiner Menstruation oder während deiner Schwangerschaft bestimmte Beschwerden hast, können dir diese mit hoher Wahrscheinlichkeit in den Wechseljahren wieder begegnen.
Wie lange die Beschwerden anhalten und wie stark sie sind, ist von Person zu Person sehr individuell. Verschiedene Langzeitstudien (z. B. des National Institutes of Health 2011 mit 436 Teilnehmenden und The Study of Women’s Health Across the Nation (SWAN) 2015 mit 3302 Teilnehmenden) deuten darauf hin, dass vasomotorische Beschwerden wie Hitzewallungen durchschnittlich 7,5 Jahre anhalten. Gleichzeitig scheint die Dauer der Beschwerden mit dem Verlauf der Wechseljahre zusammenzuhängen: Betroffene, die bereits zu Beginn des Klimakteriums Symptome aufweisen, haben sie häufig länger als jene, bei denen die Beschwerden erst spät beginnen. Auch die Ethnie hat einen Einfluss auf die Wechseljahreserfahrung: Schwarze und Hispanische Frauen scheinen z. B. im Vergleich zu weißen Frauen von wesentlich stärkeren Beschwerden betroffen zu sein. Da in diesem Bereich nur wenig Forschung betrieben wurde, sind die konkreten Ursachen hierfür bislang leider unklar.

Wie du siehst, haben insbesondere die Hormone Östrogen und Progesteron einen vielseitigen Einfluss auf die Funktionen im weiblichen Körper. Damit können sie negative Auswirkungen mit sich bringen, wenn sie nur noch unzureichend im Körper vorhanden sind. Doch wie zeigt sich das konkret im Verlauf der Wechseljahre – und woran lässt sich erkennen, dass sich eine Person bereits im Klimakterium befindet? In der nächsten Lektion erfährst du, welche konkreten Phasen die Wechseljahre umfassen und wie sich der Körper in jeder Phase verändert.
Dieser Artikel wurde von Evermood erstellt und zuletzt am aktualisiert.
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